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Medizinethische Materialien
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| Heft 112: Spittler, Johann F.: Sterbeprozeß und Todeszeitpunkt - Die biologischen Phänomene und ihre Beurteilung aus medizinischer Sicht. August 1996 | | In der Diskussion um den Hirntod als den Tod des Menschen spielen die Begriffe 'Sterbeprozeß' und 'Todeszeitpunkt' eine Schlüsselrolle. Wegen der sehr unterschiedlichen Vorverständnisse werden zuerst einige Begriffe expliziert: Der 'Mensch' i.S. von 'Person' ist gekennzeichnet durch seine komplementäre diachrone Identität und ontogenetische Wandlung; das 'Gehirn' ermöglicht 'geistig-seelische Fähigkeiten' als Summe von Wahrnehmen, Empfinden, denkendem Erlebnis-Verarbeiten, raschem Reagieren und überlegtem Handeln. Von den beiden bisher unterschiedenen Zuständen 'lebendiger Mensch' und 'Leichnam' wird ein dritter abgegrenzt: 'hirntoter noch überlebender übriger Körper'. Auf die Bedeutungsspektren der Begriffe 'Sterben' und 'Tod' i.S. der 'evolutionsbiologischen semantischen Dispersion' (Pflanzen, Tiere, Mensch) und der 'mikro-makroskopischen sematischen Dispersion' (Zellen, Organe, Organismus) wird hingewiesen und weiterhin die 'Asynchronie' unterschiedlicher Sterbeprozesse aufgezeigt. Schließlich werden die Aspekte der Reversibilität und Irreversibilität im Funktionsverlust, in der Wiederbelebbarkeit und im Tod analysiert. Mit Hilfe dieser Begriffe werden zwei zu unterscheidende Sterbeprozesse gegenübergestellt: das Versterben bei primär allgemein körperlicher Erkrankung im Herztod und das Versterben bei primärer Hirnerkrankung im Hirntod. Dabei werden die biologische und die normative Betrachtungsebene getrennt und verdeutlicht, daß der Begriff 'Sterbeprozess' den biologischen Vorgang beschreibt, während der 'Todeszeitpunkt' eine normative Setzung bedeutet. Diese muß aufgrund einer Analyse des biologischen Vorganges gewählt und zu einem hinreichenden gesellschaftlichen Konsens diskutiert werden. Auf der biologischen Ebene läuft nach dem Hirntod ein 'Sterbeprozeß des übrigen Körpers' ab, der durch Intensivmedizin und maschinelle Beatmung zeitweilig verzögert werden kann. Auf der Basis dieser biologischen und neuropsychiatrischen Klärung kann die Diskussion aufgenommen werden: Welcher Zeitpunkt im biologischen Prozeß muß als Zeitpunkt des Todes des Menschen gewählt werden, wenn der notwendige Konsens zwischen wissenschaftlicher Richtigkeit und allgemein-gesellschaftlichem Verständnis erreicht werden soll? Wir müssen uns vernünftigerweise von der äußeren Anschauung lösen: schlagendes Herz, Blutkreislauf, Atmung oder 'organismische' Regelungsvorgänge zwischen Körperorganen allein konstituieren noch nicht einen lebendigen Menschen. Es sind vielmehr die geistig-seelischen Fähigkeiten, die den Menschen als Person konstituieren. Sie sind in dieser Welt an das lebende Gehirn gebunden. Nur der Zeitpunkt seines Erlöschens läßt sich als Tod des Menschen anthropologisch begründen. In einem Epilog werden die erkenntnistheoretischen Bedingungen, die analysierten Sachverhalte im Sterbevorgang, die methodischen Bedingungen ihrer Untersuchung und der erkenntnistheoretische Rahmen der vorgelegten, biologisch begründeten, anthropologischen Untersuchung zur Bedeutung des Sterbens des Menschen epikritisch betrachtet und Konsequenzen für die wissenschaftlich-allgemeingesellschaftliche Aufklärung herausgestellt.
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