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Medizinethische Materialien 


 

Heft 109: Meyer, Frank P.: Salus aegroti suprema lex; Probleme klinischer Studien aus der Sicht eines Mitgliedes einer Ethikkommission - Schwerpunkt Onkologie. August 1996

 
Ethikkommissionen haben die Aufgabe der Verkehrssicherungspflicht zum Schutz von Probanden und Patienten in Kliniken und Praxen vor gefährdenden Forschungsvorhaben. Die Berufsordnung für deutsche Ärzte sieht vor, daß sich der Arzt vor der epidemiologischen Forschung mit personenbezogenen Daten durch eine Ethikkommission über die mit seinem Vorhaben verbundenen berufsethischen und berufsrechtlichen Fragen beraten lassen muß. Die Kontrollfunktion der Ethikkommission impliziert auch die Eignung des Prüfplanes unter Berücksichtigung des aktuellen Standes der wissenschaftlichen Erkenntnis zur Erreichung des Studienziels. Aus vielfältigen Gründen bieten onkologische Studien besondere Probleme: (1) Für viele Substanzen gibt es bis heute noch keine einwandfreien Wirksamkeitsstudien und nachvollziehbaren Dosisempfehlungen. (2) Zur Erprobung neuer Therapiekonzepte werden die unterschiedlichsten Chemotherapie-Kombinationen am Patienten klinisch geprüft, obwohl keine toxikologischen Daten dieser Kombinationen vorliegen. (3) Die Gefahr der „Übertherapie" der Nonresponder wird in der Regel unterschätzt, wobei Response häufig sowieso nur auf Surrogatkriterien beschränkt wird. (4) Die Patienteninformationen bieten eine Vielzahl von Problemen. Allgemeine Defizite klinischer Studien beziehen sich auf sog. konkurrierende Studien, auf die Einbeziehung von Placeboarmen, auf die nachträgliche Einbeziehung neuer Prüfzentren. Verantwortlich für eine ordnungsgemäße Durchführung der klinischen Prüfung und für Wohl und Wehe der einbezogenen Patienten ist der Prüfarzt. Die zunehmende Vertrauenskrise zwischen Arzt und Patient, die viele Patienten in die „gläubige Medizin" abwandern läßt, sollte durch eine empathische Handhabung der klinischen Prüfung vor Ort minimiert und nicht verstärkt werden.

 


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